Reformation

Was Bedeutet Reformation ?

Die Geschichte der Reformation


Die Geschichtsbücher datieren den Beginn der Reformation meist auf das Jahr 1517 – das Jahr, in dem Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg schlug. Die eigentliche Bewegung begann aber viel früher und verschiedene Umstände begünstigten den Erfolg, insbesondere in Deutschland.
 
Im 14. Jahrhundert gewann der Humanismus in Italien an Kraft. Man besann sich der antiken Gelehrten und entwickelte eine kritische Haltung gegenüber der Gegenwart.
Die Entwicklung des Buchdrucks sorgte dafür, dass die Schriften einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnten.
In den Städten entwickelte sich eine wohlhabende Bürgerschaft, der Adel auf dem Land geriet unter zunehmenden Druck der Bauernschaft (Deutscher Bauernkrieg 1525). Die Bevölkerungszahl wuchs, die Preise stiegen, Arbeitskraft war nichts mehr wert.
Der Dualismus zwischen Kaiser und Reichsständen sorgte für einen bunten Flickenteppich der Konfessionen, da jeder Fürst für sich und seine Untertanen frei wählte. Der Einfluss des Kaisers wurde weiter geschmälert, weil er sich mit Kriegen gegen Frankreich und das Osmanische Reich befassen musste und nur selten im Land war. Die Habsburger waren zu einem mächtigen Geschlecht geworden und Frankreich umklammert von ihrem Territorium. Auch der Papst fürchtete die Habsburger und schlug sich zeitweilig auf die Seite Frankreichs.
 
In religiösen Kreisen setzte ein Umdenken ein. Versuchte man die Welt bisher auf rationale Weise zu verstehen, gewannen die Mystiker zunehmend an Einfluss. Das Leerwerden, Loslassen um Platz zu machen für den Geist Gottes und das völlige Hineinversenken und Eins werden mit Christus und seinem Leiden bewegten auch Luther stark.
 
Pestepidemien, die ganze Landstriche entvölkerten und hohe Säuglingssterblichkeitsraten schürten in den Menschen die Angst vor dem Tod und dem unmittelbar danach folgenden Gericht. Durch Messen, Wallfahrten und Ablassbriefe konnte man sich gegen Geld Abhilfe und Erleichterung verschaffen. Die Religion wurde zum Geschäft.
Die Pfarrer trieben vor Ort zudem den Zehnten für den Papst ein, der wie ein weltlicher Herrscher dem Kirchenstaat vorstand und dringend Geld brauchte. Zudem gab es zahlreiche Päpste und Gegenpäpste, die sich gegenseitig exkommunizierten. Das Ansehen des Klerus beim Volk sank auf den Nullpunkt. Anspruch und Wirklichkeit dessen, was die Kirche predigte und darstellte klaffte weit auseinander.
 
Die ersten Reformer wollten keine neue Konfession schaffen. Sie wollten die Kirche auf den rechten Kurs zurückbringen. Der Oxforder Lehrer und Pfarrer John Wyclif gilt als einer dieser Vorläufer der Reformation. Im 14. Jahrhundert kritisierte er offen die Missstände. Zwar klagte man ihn nicht öffentlich an, aber nach seinem Tod bezeichnete ihn das Konstanzer Konzil als Ketzer und ließ seine Gebeine verbrennen.
Wyclifs Gedanken wurden von Studenten nach Prag getragen, wo Jan Hus, Theologiestudent und später Professor an der Universität, sie aufnahm und weiterentwickelte. Obwohl im von König Sigismund freies Geleit zugesagt war, verurteilte ihn 1415 das Konstanzer Konzil als Ketzer und ließ ihn verbrennen.
 
In Deutschland hielt Martin Luther, seit 1505 Mönch der Augustiner-Eremiten, 1512 Vorlesungen an der Universität von Wittenberg. Besonders quälte ihn die Rechtfertigungslehre. Seine Hinwendung zur Reformation wurde oft als plötzliche Erkenntnis (Turmerlebnis im Anschluss an eine Tischrede Luthers) bezeichnet. Inzwischen geht man aber eher von einem allmählichen Prozess in den Jahren 1514 – 1518 aus.
Konkreter Auslöser für den Beginn der Reformation war die Ämterhäufung Albrecht von Brandenburgs. Um diese zu rechtfertigen, musste er eine hohe Summe an den Papst zahlen. Da er das nicht konnte, schlug der Papst ihm ein Geschäft vor: Albrecht sollte sich das Geld von den Fuggern leihen. Der Papst gestand ihm in den nächsten 8 Jahren zu den „Petersablass“ (eine Abgabe an den chronisch klammen Papst zur Finanzierung des Neubaus des Petersdoms) zur Hälfte zu behalten. Daraufhin zog der Dominikanermönch Johann Tetzel durch das Bistum Magdeburg und pries Ablassbriefe an, um Geld in die Kassen zu spülen.
Luther verabscheute das Ablasswesen, da es seiner Ansicht nach auf die innere Reue des Christen ankäme und man dem Gläubigen mit dem Ablasshandel eine falsche Sicherheit vortäusche.
Am 31. Oktober (heute Reformationstag) des Jahres 1517 verschickte er seine 95 Thesen gegen den Ablass an den Erzbischof von Mainz. Ob er sie tatsächlich an die Tür der Wittenberger Kirche nagelte, ist umstritten. Auf Deutsch übersetzt fanden diese rasche Verbreitung. Im April 1518 wollte Luther seine Thesen in der „Heidelberger Disputation“, an der zahlreiche spätere Reformatoren teilnahmen, erklären.
Es nutzte alles nichts. In der Folge wurde mehrfach verhört und sogar zum Papst zitiert. Nur dem Einfluss seines Landesherren Friedrich des Weisen ist es zu verdanken, dass Luther dem entging.
Luther glaubte immer noch den Papst von der Richtigkeit seiner Thesen überzeugen zu können. Eine tiefe Kluft zwischen Luther und der katholischen Kirche entstand aber, als der Theologieprofessor Johannes Eck im Verlauf der Leipziger Disputation dazu brachte die Unfehlbarkeit des Papstes anzuzweifeln und zu behaupten, das Konstanzer Konzil habe Schriften von Jan Hus verurteilt, obwohl sie gut evangelisch seien. Auch Luther setzte Eck arg zu, sodass es keinen klaren Sieger der Aussprache gab.
Im Jahr 1520 erschienen die drei sog. „reformatorischen Hauptschriften“ Luthers. Erstmals entwickelte Luther ein reformatorisches Programm, welches später zur Grundlage des Luthertums wurde.
Luther prägte den Begriff vom Priestertum alles Getauften, reduzierte die sieben Sakramente auf drei (Taufe, Abendmahl, Buße) und widersprach der Lehre, das durch die geweihte Hostie der Wein mitgetrunken werde. Stattdessen forderte er den Laienkelch. Der Christ, so Luther, lebe einerseits auf Gott hin, der allein ihn rechtfertigen könne, was sich andererseits in guten Werken zeige.
 
Noch heute sind die vier „Soli“ wesentliche Punkte der reformierten Kirchen:
soli gratia: allein aus Gnade ist der Mensch gerettet, nicht durch Werke
sola fide: allein durch Gnade wird der Mensch gerechtfertigt, nicht durch Werke
sola scriptura: allein die Schrift ist die Grundlage des christlichen Glaubens, nicht die Tradition
sola Christus: allein die Person, das Wirken und die Lehre Jesu Christi sind Grundlage des Glaubens und der Errettung des Menschen
 
Nach der Wahl Karls V. zum Kaiser setzte man den Prozess gegen Luther fort, bedrohte ihn mit den schlimmsten Folgen, Exkommunizierte ihn und erklärte ihn schließlich für vogelfrei.
In einem Scheinüberfall wurde er von sächsischen Soldaten auf die Wartburg gebracht.
Als „Junker Jörg“ getarnt blieb Luther von bis März auf der Burg. Er nutzte die Zeit, verfasste Schriften und Predigten, mit denen er eine evangelische Predigtkultur schuf. Seine wichtigste Leistung war aber, dass er das neue Testament (das alte Testament folgte bis 1534) in eine verständliche deutsche Sprache übersetzte.
 
In der weiteren Zeit verbreiteten sich die Gedanken Luthers rasch im Deutschen Reich. Verschiedene Strömungen entstanden. Die katholische Kirche dachte nicht daran einzulenken.
 
Der Reformation zugute kam, dass jeder Fürst in der Wahl seiner Religion frei war (teilweise Revision des Wormser Edikts 1526, Speyer I). Auf dem Reichstag zu Speyer 1529 versuchte Kaiser Karl V. dies zu verhindern. Sechs Fürsten und 14 Freie Reichsstädte versuchten die Reichsacht gegen Luther und die Ächtung seiner Schriften aufzuheben. Diese Protestation gilt als Geburtsstunde des Protestantismus.
 
Auf dem Augsburger Reichstag wurde dem Kaiser ein Bekenntnisbrief (Augsburger Bekenntnis) überreicht. Im Marburger Religionsgespräch 1529 begannen sich die Lutheraner und der Schweizer Flügel der Reformatoren zu positionieren und eigene Kirchen bildeten sich heraus. Der protestantische Flügel bildete kein einheitliches Bild und so traten auch radikale Strömungen auf, wie die um Thomas Müntzer, der als Gegenspieler Luthers bezeichnet wird. Er forderte eine komplette Reform der Kirche und eine Umwälzung der politischen und sozialen Verhältnisse. Ebenso die Wiedertäuferbewegung, welche eine Gemeinde nach neutestamentlichem, urgemeindlichen Vorbild aufbauen wollte und die Erneuerung der Taufe als Glaubenstaufe forderte.
 
Um die Mitte des 16. Jahrhunderts begann sich die Reformation zu stabilisieren. Großen Anteil daran hatten unter anderem Calvin in Genf und die Züricher Kirche mit Zwingli und Bullinger.
 
Theologisch gesehen mündete die Reformation schließlich in verschiedene Konfessionen (lutherisch, reformiert u.a.) mit eigenen Bekenntnissen. Nach jahrelangem Ringen mit der römisch-katholischen Kirche etablierten sich diese und wurden als eigenständig anerkannt. Der bisherige Machteinfluss und das Auslegungsmonopol des Katholizismus für die Bibel schwanden. Schließlich kam es auch innerhalb der katholischen Kirche zu einschneidenden Reformen.
Die christliche Religion wurde nicht in Frage gestellt, bis dahin unumstößliche Dogmen aber kritisch hinterfragt und verändert (Heiligen- und Marienverehrung, Wallfahrten etc.)
Verbunden mit der Aufklärung entstand eine neue Sichtweise des Glaubens, eine neue Freiheit der Gläubigen.
Auch für das Verhältnis von Staat und Kirche hatte dies massive Auswirkungen. Luthers Zwei-Reiche-Lehre folgend trennten sich beide immer mehr. Auch auf andere Bereiche, wie Familie, Bildung, Wissenschaft, Kunst usw. hat die Reformation bis heute ihre Auswirkungen.
 
In unserer Lippischen Landeskirche gibt es die Besonderheit, dass es unter einem Dach beide Bekenntnisse, lutherisch und reformiert, nebeneinander gibt. In einträchtigem Nebeneinander existieren die reformierten Klassen (Kirchenkreise) und die lutherische und beide bilden ein synodales Gremium.

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