Yoonu Njub Gemeinde St. Louis, Senegal


Gelebte Nächstenliebe

Iris und Christian Hübscher waren Ende der 1980er/Anfang der 1990er-Jahre in der Kirchengemeinde Silixen tätig. Christian Hübscher arbeitete als Pastor mit Schwerpunkt seiner Arbeit in Laßbruch.

Später wechselte Pastor Hübscher nach Neumünster. Dort begann er mit seiner Frau eine Partnerschaft zur Yoonu Njub Gemeinde im Nord-Westen Senegals aufzubauen.

Im Jahr 2011 begann die Zusammenarbeit mit einem Schulprojekt. Ermöglicht durch Spenden aus Deutschland konnten viele Kinder aus christlichen Familien eine gute Schule besuchen, was ihnen sonst nicht möglich gewesen wäre.

Später kam dann noch eine Diabetesklinik dazu. Die gesundheitliche Versorgung im Senegal ist mit der in Deutschland nicht zu vergleichen. Oft messen die Patienten ihren Blutzucker nur einmal in der Woche oder im Monat. Die Klinik versorgt die Patienten mit Medikamenten, schult sie im Umgang mit Blutzuckermessgeräten und in Fragen der richtigen Ernährung.

Medikamente und Messgeräte werden durch Spenden besorgt. Einmal im Jahr fliegen Hübschers in den Senegal um die dringend benötigten Dinge persönlich zu übergeben.

Der Senegal ist ein verhältnismäßig stabiles westafrikanisches Land. Zwar gibt es auch hier Korruption und zahlreiche strukturelle Probleme, aber der Senegal gilt als sicher.

95% der Menschen sind Muslime. Allerdings ist dies kein agressiver Islamismus, sondern ein friedlicher, animistischer. Es herrscht ein starker Geisterglaube. So werden viele Senegalesen beherrscht von religiösen Führern, den Marabouts (Schamanen). Sie haben große Macht.

Die ca. 4% Katholiken sind nicht besonders gut angesehen. Deshalb grenzen sich die nur 0,01% evangelischen Christen von ihnen ab. Sie nennen sich nicht Christen, sondern Talibe Jessu, Jünger Jesu. Auch das Kreuz als Symbol verwenden sie nicht, da die Muslime im Senegal große Angst davor haben.

Die Talibe wollen einladen und nicht provozieren. Sie wollen helfen und für die Menschen da sein.

Ein Reisebericht von Alissa Winter aus dem Jahr 2025


Unser Besuch in der Yoonu Njub Gemeinde in St. Louis, Senegal


Der hiesige Besuch der Senegalesen in unserer Gemeinde, u. a. in unserer KiTa und unserer Schule, hinterließ bleibende Eindrücke bei vielen von uns.


Es war schnell klar: Wir wollen seitens der Kirchengemeinde Silixen dieses Band weiter vertiefen.

Aber wie sollen wir wissen, wo wir ansetzen können, ohne überhaupt zu wissen, WER die Yoonu Njub Gemeinde ist und WAS die Arbeit für die umliegende Bevölkerung bedeutet?


Schnell stand also fest: Beschreibungen und Fotos sind nicht genug, wir wollen die Leute vor Ort kennenlernen, wir wollen Verbindungen schaffen und nicht nur finanzielle Mittel leisten.


Liebe Leserinnen und Leser, was soll ich sagen: Vom 29.03. bis zum 14.04.2025 waren wir bei Freunden zu Besuch.

Zusammen mit Pastor Hübscher und einem Kirchenvorstandsmitglied aus Neumünster flogen drei von uns in den Senegal: Rolf und Andrea Sandmann und ich, Alissa Winter (alias Afrika-Neuling).


Erste Eindrücke

Mit den Füßen auf sandigem Boden, das Gesicht in die Sonne gerichtet, standen wir gegen Mittag auf dem Flughafen in Thies.

Der Weg nach Saint Louis zeigte bereits eine Mischung aus dem, was mich die nächsten Tage erwartete: Menschen, die genau wissen, was Leben bedeutet. Wo die Kleinsten bereits sicher mit den Esel-Wagen fuhren, Frauen und Kinder ihre Waren an der Straße verkauften und diese auch bei jeder Möglichkeit an der Fensterscheibe unseres Busses anpriesen. Hier spielt das Leben auf der Straße, so viel war sicher!


Saint Louis – Übersicht

Das Jungen-Center, in dem wir untergebracht waren, ist Location für die Versorgung der Talibés und Ausbildungsstätte der Mechatroniker.


Etwa 10 Minuten mit dem Auto ist das Mädchen-Center entfernt. Dort finden der Unterricht der Mädchen, das Hilfsangebot für die Diabetiker und der gemeinsame Gottesdienst der Gemeinde statt.

Am Rande von Saint Louis hat die Gemeinde nun ein weiteres Grundstück zur Bewirtschaftung erworben. Hier entsteht also bald die erste Einnahmequelle der Yoonu Njub Gemeinde.


Das Talibé-Projekt

Viele Eltern können es sich schlichtweg nicht leisten, (alle) ihre Kinder zu einer Schule zu schicken, zumal Schulen nicht unbedingt in Reichweite sind. Es fallen also auch für Schulkinder öffentlicher Schulen Kosten für Fahrtwege, Essen und auch Schuluniformen an.


Die Marabouts sind im Islam Heilige und genießen daher besondere Aufmerksamkeit. Plakate, Bilder, Graffiti – selbst in den Bäumen sind ihre mystischen Gesichter eingeritzt. Logisch also, dass es für viele Eltern absolut Sinn ergibt, ihr Kind auf die sogenannte Koranschule zu schicken. Marabouts lehren den islamischen Glauben – oder besser den Koran auswendig. Lesen und Schreiben werden dabei aber nicht zwingend vermittelt. Hier kommen wir auch schnell zum Knackpunkt. Immerhin ist kostenlos nicht umsonst. Die Bedingungen der Talibés (Koran-Schüler) sind hart und gehen an die äußersten Grenzen, und vor allem auch an meine eigenen.


Kinder ab ca. 4 Jahren müssen für den Marabout u. a. betteln gehen. Sie versuchen, sich über den Tag zu bringen und am Ende wenigstens ein wenig Geld in ihrem kleinen Eimer gesammelt zu haben.

Die Yoonu Njub Gemeinde bietet für die Talibés dreimal in der Woche eine Mahlzeit, Möglichkeiten, ihre Wäsche zu waschen, zu duschen und eine medizinische Versorgung.


Hier können sie Kind sein – spielen, malen, lachen und Geborgenheit erfahren.

Vor dem Mittagessen wird eine biblische Geschichte erzählt. Es wird berichtet über einen Gott, der unser aller Gott ist, der jeden Einzelnen liebt.


Diese Kinder wissen schon sehr früh, was (über‑)leben bedeutet, und vermitteln Stärke, doch wenn es um Lutscher geht, sind alle im absoluten Ausnahmezustand.


Ausbildungsstätte für Mechatroniker

Nahezu klein, aber keinesfalls weniger bedeutsam kommt die Ausbildung zum Mechatroniker daher. In einer kleinen Werkstatt im Center wird den Auszubildenden entsprechendes Wissen vermittelt. Zudem wird die elektronische Auswertung von Fehlermeldungen beigebracht.


Tatsächlich ist derartige Ausbildung Gold wert. Während ich selbst auf den Straßen gern mal das dritte Stoßgebet innerhalb weniger Sekunden in den Himmel geschickt habe, fuhren Pferde- oder Esel-Wagen, Roller, Autos, Busse und was sonst noch einen Reifen hat, irgendwie auf einer ca. 4 Meter breiten Straße nebeneinander her.


Der Taxifahrer begrüßt dabei fünf Leute und fragt nach deren Tag und Familie. Zudem die Straßenverhältnisse. Sand ist allgegenwärtig. Gullis gucken etwa einen halben Meter raus, überall liegen dicke Steine und es sind riesige Löcher zu erwarten. Ein Auto ist erst dann kaputt, wenn die Hupe versagt. Nun scheint eine Mechatroniker-Ausbildung doch ein Geschenk zu sein, richtig?!


Mädchen-Center

Hier werden den Mädchen hauptsächlich Nähen und Kochen beigebracht. Es wird gezeigt, wie man Getreide trocknet und somit haltbar macht, damit in der Nebensaison nicht auf teurere Produkte zurückgegriffen werden muss.


Hilfsangebot für Diabetiker

Jedes Jahr entscheiden sich Männer und Frauen, etwas für ihre Gesundheit zu tun und den Diabetes in den Griff zu bekommen. In der dreijährigen Ausbildung erfahren sie, wie man misst und wie eine gesunde Ernährung funktioniert. Als Apotheker organisiert Rolf Sandmann bereits seit vielen Jahren die Messgeräte und Teststreifen für diese Schüler. Jährlich nehmen ca. 50 Personen an dem Kurs teil und die Kosten für jeden betragen etwa 70–80 Euro im Jahr. Ein Vermögen!


Wir durften bei der Kurseinführung und auch bei der Verabschiedung teilnehmen.

Vorfreude, aber doch noch etwas verhaltenes Auftreten am Anfang und schließlich die Wissenden mit tiefer Dankbarkeit um die Chance und die neue Lebensfreude.


In diesem Zusammenhang ließ uns auch eine nahegelegene Klinik Einblicke gewähren. Hier beginnt die Digitalisierung.

Um unser Angebot für die Diabetiker auf dieses Level anzuheben, werden wir zukünftig auch durch neue Tests zur Ermittlung des HbA1c, des Langzeitwertes, eine bessere Kontrolle der Krankheit ermöglichen.

Unsere Kirchengemeinde Silixen wird sich hier schwerpunktmäßig mit einsetzen.


Typisches Essen mit grenzenloser Gastfreundschaft und Dankbarkeit

Auf unserer Reise besuchten wir fast täglich Familien. In den meisten Fällen wurden wir mit einem wunderbaren Essen versorgt und es gab immer einen typischen Tee (Ataya) dazu.

Das Essen wird in einer riesigen Bowl auf dem Boden serviert. Um jeden Bowl sitzen vier bis fünf Menschen herum und essen mit den Händen oder ggfs. auch mal mit dem Löffel.


Grundzutat ist meistens Reis, gern auch mal Couscous oder kleine Nudeln. Mittig liegt entweder Lamm, Hühnchen oder Fisch, dazu diverses an Gemüse.


Hier habe ich definitiv viel bewusster gegessen. Lag natürlich unweigerlich daran, dass man auf den Nächsten achtet. Immerhin sitzt man mit fünf erwachsenen Menschen im halbwegs bequemen Sitz um eine Schale herum und jeder hat Hunger.

Mir ist bewusst, dass eben genau für uns Gäste mehr in die Bowl gepackt wurde. Meist hatten wir Deutschen eine eigene Schale und die Familie aß separat.


Genau dieses Privileg war mir oft zu viel des Guten. Ich wollte in diesem Land keine Privilegien haben, ich wollte mittendrin sein.

Und das waren wir auch. Ich kannte diese Menschen nicht und sie zeigten mir dennoch ihr Leben und ihre Liebe zum Leben. Wir tauschten Gedanken, Grundsätze und Verhaltensmuster der Kulturen aus.


Alle drückten ihre tiefe Dankbarkeit für die Kooperation zwischen den Gemeinden aus. Immerhin gibt es in den meisten Familien auch ein Kind, das genau durch diese Partnerschaft eine private Schule besuchen darf. Entsprechende Kinder zeigten uns stolz ihre Schulhefte oder Schreibtafeln, auf denen sie das Gelernte demonstrieren wollten.


Gottesdienst

Im oberen Geschoss des Mädchen-Centers finden die Gottesdienste statt. Christen kommen von weit her, um Pastor Malicks oder anderen Predigern zuzuhören. Jugendliche gestalten mit Herzblut und viel Musik den Gottesdienst, wohlgemerkt in einem Land, das durch seinen Ursprungsglauben gar keine Musik oder Gesang in den Moscheen bietet.

Immer wieder finden neue Leute den Weg zur Yoonu Njub Gemeinde.


Kein Wunder, oder? In einem Land, in dem Christen einen Bruchteil ausmachen und sich zunächst ihren (gesellschaftlichen) Weg schwer erarbeiten mussten, finden heutzutage weitreichende Angebote für Christen, aber auch für Moslems statt.

Die Gemeinde verkündet nicht nur Gottes Wort, sie lebt dieses mit jeder Faser ihres Seins.


Wir sind alle Schwestern und Brüder – keine Unterschiede! Was Gott uns gegeben hat, teilen wir auf!

In unserer Gesellschaft, die mehr und mehr nach Macht und Prestige strebt, nach Äußerlichkeiten geht und meint, sie wäre allem überlegen, ist dieses Land mit dieser Gemeinde ein wahrer Segen.




Ein Reisebericht der Familie Hübscher aus dem Jahr 2020


Mangi santa yalla


Es ist heiß. Sehr heiß. Das Thermometer zeigt 24°C und es ist kurz nach 21:00 Uhr als wir von unserem Besuch bei Yacouba wieder ins Gemeindezentrum der Yoonu Njub Gemeinde fahren. Wir frösteln ein wenig. Schnell haben wir uns an das Klima gewöhnt. Tagsüber klettert die Säule zum Teil auf über 40°C. Die Straßen sind staubig und alles ist voller Sand.

Das Leben der Menschen im Senegal ist nicht einfach. Und dennoch finden wir überall fröhliche, freundliche Menschen, die uns herzlich willkommen heißen und das wenige, was sie besitzen von Herzen gern mit uns Teilen.

Yacouba arbeitet in einem Krankenhaus und ist Ältester der christlichen Gemeinde von Pikine in Saint Louis. Seine Frau hat ein leckeres Essen für uns gekocht und so sitzen wir vor seinem Haus und tauschen Gedanken und Geschenke. Besonders freut man sich über die Socken, die die Damen der Silixer Wollwerkstatt gefertigt haben.

Etwa 50 Christen gehören zur Yoonu Njub Gemeinde. Pastor Malick Fall, seine Frau Feluine und die Mitarbeitenden haben mit Gottes Hilfe und seinem Segen Erstaunliches auf den Weg gebracht. Zwei Beispiele:

Im Gemeindezentrum gibt es nicht nur eine Schule für Mädchen, hier treffen sich auch Frauen und Männer zu Diabetikerkursen. Philomene und Caro beraten die Patienten und geben Medikamente aus. Diabetes ist ein großes Problem. In den Kursen lernen die Teilnehmer, wie man mit der Erkrankung umgeht und wie man den Wert richtig bestimmt. Unsere Reisegruppe hilft bei der Einweisung. Werte unter 300 mg/dl sind selten. Oft liegen sie weit darüber. Die Damen aus dem letzten Kurs sind extra gekommen, um sich zu bedanken. Sie wissen jetzt: Mit den Messgeräten aus Deutschland verändern und retten sie ihr Leben.

Senegal ist ein Land, in dem zu 90 – 95% Muslime leben. Jeden Morgen um 5:00 Uhr weckt uns der Ruf des Muezzins. Sie gehören Bruderschaften an, die von geistlichen Leitern, sog. Marabouts, bestimmt werden. Schon im Alter von zwei oder drei Jahren schicken die Familien ihre Kinder in die Koranschulen. Die Älteren passen auf die Jüngeren auf. Sie sind sich meist selbst überlassen.

Doch die Kinder lernen in den „Schulen“ nur wenig. Zumeist betteln sie auf den Straßen. Die Erträge geben sie an den Marabout ab, der einen großen Teil zur zentralen Moschee in der heiligen Stadt Touba schickt. Der größten im westlichen Afrika.

Christen und Muslime leben friedlich miteinander. So kommen die Koranschüler, die Talibe, donnerstags ins Gemeindezentrum. Sie dürfen Duschen, werden medizinisch grundversorgt und bekommen ein Essen. Das Wichtigste aber: Sie dürfen Kind sein. Basketball, Fußball, Malen oder einfach ausruhen stehen an oberster Stelle. Wir spielen mit den Talibe. Sie lachen mit uns und suchen unsere Nähe. Fotos sind heiß begehrt. Man sieht ihnen deutlich an, wie sie sich freuen, den Alltag für ein paar Stunden hinter sich lassen zu können. Zum Schluss erzählen Laura, Joely und Kayle, Missionare aus Panama und den USA, noch die Geschichte von David, Jonathan und König Saul. Echte Freundschaften, füreinander einstehen, Vertrauen sind selten in der Welt der Straßenkinder.

Nach zwei Wochen voller beeindruckender Begegnungen mit Gemeindemitgliedern, Missionaren und den Talibe-Kindern, mit Eindrücken vom Alltag der Menschen und ihren äußerst einfachen Lebensbedingungen, mit Bildern von einer artenreichen Tier- und Pflanzenwelt aber auch dürren, staubigen Halbwüsten kehren wir zurück.

Was uns am meisten beeindruckt hat, ist das fröhliche Lächeln und die Offenheit der Menschen. Ihre Gastfreundschaft und ihr Vertrauen auf Gott, der hier durch die Yoonu Njub Gemeinde und ihre Mitarbeiter so segensreich wirkt.

Als unser Flugzeug trotz Coronakrise pünktlich in Hamburg landet, können wir mit unseren neuen senegalesischen Freunden, Schwestern und Brüdern einstimmen: Mangi santa Yalla – Ich danke Gott!